Eryngium bourgatii – Pyrenäendistel, Spanische Mannstreu
Wenn sie doch nur nicht so stechen würden! Spaß macht es wirklich nicht, Pflegearbeiten an den Edeldisteln durchzuführen (widerstandsfähige Handschuhe tragen, nicht bloß dünne!), aber es muss sein, meine ich. Vor allem das Abschneiden der verblühten Blütenstände, deren dekorative Wirkung in vielen Fällen arg stechende Hüllblätter erzielen, ist bei einigen Arten unerlässlich – Eryngium giganteum, die Elfenbeindistel, tut sich da besonders hervor –, weil sie sich ansonsten zu sehr aussäen und richtig lästig werden.
Eryngium giganteum (Elfenbeindistel) – Sämlinge
Andererseits macht man sich die Vermehrung am bequemsten, wenn man die Disteln aussamen und deshalb immer ein paar abgeblühte Triebe stehen lässt. Das empfiehlt sich besonders bei den ein- und zweijährigen Arten, die ansonsten nach der Blüte verschwunden wären. Mal abgesehen von Wurzelschnittlingen machen die Gärtner auch nichts anderes, als Eryngium mittels Aussaat zu vermehren; weitgehend echt fallende Samensorten gibt es immer mehr. Die Samen keimen übrigens oft erst nach Kälteeinwirkung oder sind gar von Natur aus Kaltkeimer (Aussaatanleitung für Kaltkeimer).
Eryngium giganteum – Elfenbeindistel, Elfenbein-Mannstreu
Während der Blüte herrscht auf Eryngium ein reges Treiben. Es summt und brummt, wenn sich Schwebfliegen, dicke Hummeln und andere Wildbienen, Wespen, Honigbienen und Schmetterlinge zum Nektartanken auf ihnen versammeln. Oder vielleicht sogar Pollen für die Brut sammeln, wie das einige Wildbienen tun (bei Eryngium planum wurde das wissenschaftlich nachgewiesen). Diese "tumultartigen Zustände" sind nicht nur schön anzuschauen, sie geben uns Gärtner auch das Gefühl, mit dem Pflanzen von Edeldisteln alles richtig gemacht zu haben.
Noch ein Pluspunkt der Eryngium-Arten: Schnecken interessieren sich nicht für diese Pflanzen!
Eryngium planum – Flachblättrige Mannstreu, Kleine Mannstreu
Deutsche Pflanzennamen – weil alt und oft nur regional gebräuchlich – sind an sich meist schon unpräzise, gelegentlich auch verwirrend. Wenn sie dann noch querbeet mit den Artikeln der, die oder das verwendet werden, ist die sprachliche Gemengelage perfekt. Dabei genügt ein Blick in entsprechende Fachliteratur (nicht die gärtnerische ist hier gemeint), um im Fall von Eryngium zumindest "der Mannstreu" ausschließen zu können. "Das Mannstreu" ist lediglich in der Schweiz gebräuchlich, bleibt also nur "die Mannstreu" übrig. Ist ja auch ganz logisch, wenn man's herleitet, denn bei zusammengesetzten Substantiven (Hauptwörtern) ist in der Regel das zweite Wort (Zweitglied) zur Bestimmung des Geschlechts ausschlaggebend. Hier: "die Treue", ergo "die Mannstreu".
Kollegen, verkauft euer Eryngium planum deshalb als "Kleine Mannstreu", höchstens noch als "Kleines Mannstreu", falls ihr schweizerisch angehaucht seid, aber bitte nicht als "Kleiner Mannstreu"! Übrigens: Das Wort Mannstreu existiert nur im Singular (Einzahl). Doch das nur am Rande, damit niemand auf kreative Ideen kommt …
Niedrig und stämmig wächst Eryngium bourgatii, die Spanische Mannstreu. Es passt mit seiner geringen Größe am besten in Steingärten, dort sagt ihm auch der Standort zu: trocken, durchlässig, mineralisch (am Naturstandort in Spanien und den Pyrenäen besiedelt diese Edeldistelart trockene Berghänge). Und sonnig hat's die Pyrenäendistel gern, toleriert aber Halbschatten ebenfalls. Bei mir wird sie im Lauf des Gartenjahres von einem Helleborus argutifolius (Korsische Nieswurz) mehr und mehr bedeckt; es schadet ihr nicht.
Bis die Pflanzen (vor allem aus Samen gezogene) im Garten richtig etwas hermachen, vergehen ein paar Jährchen. Die Pyrenäendistel ist demnach hierzulande gut winterhart und wie ihre höher wachsenden Verwandten ein Insektenmagnet. Ungewöhnlich sind bei dieser Edeldistel die weißlichgrünen Blätter: Sie sehen immer irgendwie runzelig oder verschrumpelt aus, wie kurz vorm Verdursten, aber durchaus reizvoll. Schade, dass sich das im Alter etwas verliert.
Eryngium bourgatii (Pyrenäendistel) – Austrieb
Selten, dass bei uns mal ein Sämling in Garten auftaucht; für Selbstaussaat sind wohl hierzulande die Bedingungen nicht ideal. Man braucht hinter Eryngium bourgatii also nicht wie bei vielen seiner Gattungsgenossen mit der Schere herzulaufen und kann die Blüte bis zum Schluss auskosten und genießen. Wer mehr von ihm benötigt, muss selbst aktiv werden, Samen abnehmen oder kaufen und aussäen (Kaltkeimer!) oder Wurzelschnittlinge nehmen. Das (Wurzelschnittlinge) macht man am besten von Januar bis März und sollte dafür ein Glas- oder Folienhaus zur Verfügung haben:
Eryngium bourgatii (Pyrenäendistel) – noch nicht ganz aufgeblüht
Legen Sie den Wurzelstock der zu vermehrenden Pflanze teilweise frei und schneiden Sie eine oder mehrere dickere Wurzeln mit einem scharfen Messer ab. Die Wurzeln teilen Sie anschließend in Teilstücke von etwa 2‑7 cm Länge (dickere Wurzeln in kürzere, dünnere in längere Stücke). Eryngium-Schnittlinge werden leicht schräg in die Erde gesteckt (zwei oder drei Wurzelstücke pro Töpfchen) und ca. 2 cm dick mit Substrat abgedeckt. Mäßig und gleichbleibend feucht halten, jedoch nicht zu nass, und halbschattig bei Temperaturen um die 15 °C aufstellen. Drinnen halten, bis die Schnittlinge gut Wurzeln gebildet haben, dann im Frühjahr langsam an die Witterung draußen gewöhnen.
Und zu welchen Pflanzen dann in den Garten? Wie wäre es denn mit Armeria maritima (Strandnelke), Helianthemum apenninum (Sonnenröschen) oder Anaphalis triplinervis (Großblütiges Perlkörbchen, Silberimmortelle)? Auch sehr apart: Bei mir im Garten ist die Pyrenäendistel mit Rundblättrigen Glockenblumen (Campanula rotundifolia) in Blau und Weiß verwoben (auf den Fotos mitunter zu sehen).
Wuchshöhe: | 15-55 cm |
Blütenfarbe: | blau |
Blütezeit: | Juli, August |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | Steingarten |
Hinweis: | Insektenmagnet |
Man glaubt gar nicht, wie schnell aus niedlichen kleinen Sämlingen ein schier undurchdringlicher "Urwald" werden kann! Bleiben jedes Jahr auch nur ein oder zwei der kräftigen Blütenstiele von Eryngium giganteum nach der Blüte stehen, hat man bald im ganzen Garten Elfenbeindisteln.
Dabei fängt alles so harmlos an mit hellgrünen Blatthorsten im ersten und grünlichweißen, später silbrigweißen Blütenstängeln mit großen, walzenförmigen Blütenständen im zweiten Jahr. Dass sich die Blüten geöffnet haben, merkt man eigentlich nur daran, dass die Blütenköpfe über und über mit Insekten bevölkert sind (auch Wespen!). Die Blütchen selbst sind so unscheinbar, dass wir praktisch nur den Blütenstand insgesamt wahrnehmen.
Weil sich die Einzelblüten erst nach und nach öffnen, erfolgen auch Verblühen und Samenreife peu à peu. Das macht es umso schwieriger, den richtigen Zeitpunkt für den Rückschnitt der Blütenstängel zu erwischen; man will den Insekten doch nichts wegnehmen! Spätestens im Oktober ist es aber so weit, dann fallen die Samen aus.
Schachbrett auf Eryngium giganteum (Elfenbeindistel, Elfenbein-Mannstreu)
Wer es nicht fertigbringt, die verblühten Blüten überhaupt abzuschneiden – sie sind schließlich den ganzen Winter über Schmuck und Strukturgeber zugleich –, dem sei geraten, überzählige Sämlinge bereits in jungen Tagen, auf jeden Fall aber im ersten Jahr nach dem Keimen auszugraben (nennen wir es mal Pflege auf allen vieren). Wenn nämlich im zweiten Jahr (dem Jahr der Blüte) die Pfahlwurzel von Eryngium giganteum vollständig ausgebildet ist, tut man sich mit dem Entfernen schwer. Und aus abgehackten Wurzeln (selbst zehn Zentimeter unter der Erdoberfläche) treibt die Riesen-Mannstreu neu aus, denn sie hat nur ein Ziel: Blühen.
Eryngium giganteum (Elfenbeindistel, Elfenbein-Mannstreu) im Juni 2019 …
In manchen Jahren verweigert sie jedoch ihre Mitarbeit bei der Gartengestaltung: Sie blüht nicht. In diesen Jahren wird es selbst einer Distel zu heiß oder zu trocken oder beides, die Blätter vergilben im August und Eryngium giganteum zieht einfach unverrichteter Dinge ein, wartet im Verborgenen mit intakter Wurzel auf bessere Zeiten. So geschehen bei mir in den Jahren 2018 bis 2020. Für die Insekten, die auf die Blüten angewiesen sind (gerade bei größeren Beständen), ist das natürlich ein Desaster, wenn ein Nektar- und Pollenlieferant komplett ausfällt. Da hilft dann der ganze Artenschutz nichts mehr, wenn der Klimaschutz schier endlos auf die lange Bank geschoben wurde und wird. Der Garten wird durch solche Totalausfälle ebenfalls nicht gerade attraktiver, zumal auf großer Fläche.
… und im August 2019
Ich möchte Eryngium giganteum trotz seiner Unarten nicht missen. Die Elfenbeindistel sorgt für immer wieder neue und überraschende Bilder im Garten, trennt, glättet und bringt Struktur in Staudenbeete und Rabatten. Und Exemplare, die sich ihren Standort durch Selbstaussaat gesucht haben, stellen keinerlei Ansprüche. Wo sie keimen, passt es ihnen.
Verwunderlich ist es nicht, dass sich so ein vitales, zähes Gewächs von den Gärten ausgehend (der Selbstaussaat sei Dank) in der Natur etabliert. Eryngium giganteum ist auf dem besten Weg, in Deutschland Fuß zu fassen, seine Vorkommen in der Natur sind dabei, sich zu etablieren (Stand Januar 2024). Und ich könnte wetten, dass in Zukunft (wenn er eingebürgert ist) auch Pollen von Eryngium giganteum in den Nestern von Wildbienen gefunden werden wird; jede brauchbare Pollenquelle ist schließlich willkommen. Aber ich wette ja grundsätzlich nicht.
Wuchshöhe: | 50-100 cm |
Blütenfarbe: | weiß-blau |
Blütezeit: | Juli, August |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | Schnittblume/Trockenblume |
Hinweis: | Insektenmagnet; neophytische Vorkommen etablieren sich; zweijährig |
Eryngium planum (Flachblättrige Mannstreu) – Sämling
In durchlässigen, bevorzugt steinigen Böden wächst die Flachblättrige Mannstreu am besten und ausdauerndsten, wenn sie zudem trocken steht. Doch selbst in lehmigem Boden – wie bei mir – erweist sie sich als einigermaßen langlebig. Sicherheitshalber lasse ich allerdings immer wieder mal einige Samen an den Pflanzen ausreifen und ausfallen. Man weiß ja nie!
Eryngium planum ist in Deutschland einheimisch (natürliche Verbreitungsgebiete: Mittel- und SO-Europa, Vorder- und Mittelasien, Altai, Kaschmir)) und deutschlandweit gesehen vom Aussterben bedroht. Das heißt jedoch nicht, dass es überall in Deutschland (in allen Bundesländern) einheimisch ist. Im Gegenteil: In Sachsen etwa ist Eryngium planum ein Neophyt (nach 1492 eingebürgert), in Bayern sieht man die "Tendenz zur Einbürgerung" (alle Angaben Stand Januar 2024). Die Frage, ob winterhart oder nicht, braucht man bei ihm jedenfalls nicht zu stellen.
Eine Besonderheit dieser Edeldistel ist die Blaufärbung auch der Blütenstängel zur Blütezeit. Aus graugrünen Knospen und Stängeln werden dann stahlblaue Blütenköpfe und ‑stiele. Die Blütenköpfchen selbst (ohne die auffälligen Hüllblätter also) sind nicht sonderlich groß und messen nur 1‑2 cm im Durchmesser. Bei ihnen macht's – das ist im Staudenreich nicht selten – nur die Menge.
Zugegeben, der sparrige, mitunter sogar etwas "gacklige" Wuchs und das intensive Blau der Pflanze sind speziell und passen nicht in jeden Garten. In Steppenpflanzungen kommt sie jedoch zusammen mit anderen trockenheitsliebenden Stauden gut zur Geltung.
Eryngium planum (Flachblättrige Mannstreu) mit Lysimachia ciliata 'Firecracker' (Bronze-Felberich)
Bei mir im Garten hat sich per Zufall (wie so oft) eine – farblich gewöhnungsbedürftige – Pflanzenkombination aus Eryngium planum und Lysimachia ciliata "Firecracker" ergeben, weil der Bronze-Felberich auf seiner Wanderung mit den Ausläufern ins Hoheitsgebiet der Distel eingedrungen ist. Auf den Gedanken, diese beiden zu kombinieren, kommt wohl kein (Hobby-)
Von der Flachblatt-Mannstreu sind mittlerweile sehr schön gefärbte Auslesen und Sorten im Handel, sogar also Saatgut, das Sie zu Hause selbst aussäen können. Versuchen Sie es mal mit Direktsaat im Beet, indem Sie im Sommer oder Herbst ein paar (vier oder fünf auf 20 cm²) Samen mit etwas Erde bedeckt dort positionieren, wo später Eryngium planum wachsen soll; der Platz sollte frei von Unkraut sein und gehalten werden. Sonst machen Sie gar nichts, auch nicht angießen. Sofern nicht Vögel die Samen wegfressen oder Feuerwanzen sie unbrauchbar machen, dürften sie im darauffolgenden Frühjahr keimen. Und solche an Ort und Stelle gekeimten Pflanzen entwickeln sich in der Regel besonders gut.
Wuchshöhe: | 60-95 cm |
Blütenfarbe: | blau |
Blütezeit: | Juli, August |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | Schnittblume/Trockenblume |
Hinweis: | Insektenmagnet und Pollenlieferant für Wildbienen |
Andrena flavipes (Weibchen) auf Eryngium planum (Flachblättrige Mannstreu)
Als einheimische Pflanze – deutschlandweit gesehen – steht die Flachblättrige Mannstreu natürlich bei einheimischen Insekten besonders im Fokus. Deshalb verwundert es nicht, dass bei fünf Wildbienen-Arten das Sammeln ihres Pollens als Larvenproviant nachgewiesen wurde. Neben den seltenen Andrena rosea (eine Sandbiene, weit verbreitet, sammelt nur an Apiaceae, den Doldenblütlern) und Colletes hylaeiformis (eine Seidenbiene, Vorkommen bis 2018 nur am Kaiserstuhl belegt, sammelt ausschließlich an Eryngium) tragen die häufigeren, weit verbreiteten Andrena flavipes (Gewöhnliche Bindensandbiene), Lasioglossum calceatum (Gewöhnliche Schmalbiene) sowie Megachile rotundata (Luzerne-Blattschneiderbiene) Pollen von Eryngium planum für ihre Larven ein. Diese drei Wildbienen-Arten können einem im Garten durchaus begegnen, denn sie lassen sich in Siedlungsbereichen ebenfalls nieder.
Megachile rodundata (Weibchen), hier auf Sedum acre (Scharfer Mauerpfeffer)
Um den drei letztgenannten Arten (und dem Garten) ein bisschen Abwechslung und ausreichend Pollenquellen zu bieten, kommen neben Eryngium planum unter anderem die folgenden Stauden infrage: Achillea millefolium (Gewöhnliche Schafgarbe), Anthericum ramosum (Ästige Graslilie), Aurinia saxatilis (Felsen-Steinkresse), Campanula rotundifolia (Rundblättrige Glockenblume), Hypericum perforatum (Echtes Johanniskraut), Leucanthemum vulgare (Wiesen-Margerite), Lysimachia punctata (Punktierter Felberich), Salvia verticillata (Quirlblütiger Salbei) und Sedum rupestre (Felsen-Fetthenne, Tripmadam). In dieser Auswahl ist für jede was dabei und sofern diese Pollenlieferanten zudem reichlich vorhanden sind, denkt man von Bienen-Seite sicherlich über den Nestbau nach (nur die Weibchen kümmern sich darum und nur sie sammeln Pollen).
Andrena flavipes (Männchen), hier auf Prunus spinosa (Schlehe)
Andrena flavipes und Lasioglossum calceatum nisten in der Erde; sie graben die dazu benötigten Hohlräume selbst und sind nicht sonderlich anspruchsvoll, was Boden und Nistplatz angeht, nur zu dicht bewachsen sollte er nicht sein. Megachile rotundata dagegen besiedelt oberirdisch gelegene vorhandene Hohlräume; sie akzeptiert auch Nisthilfen mit 6 mm Durchmesser und 8‑10 cm Länge. Die Internet-Seiten www.wildbienen.info (mehrere Kapitel) und www.wildbienen.de (Startseite zu mehreren Detailseiten) bieten sehr gute Informationen von Experten zum Thema Nisthilfen für Wildbienen. Allgemeine Informationen über die Lebensweise der faszinierenden Wildbienen gibt's von mir auf meiner Seite Wildbienen im Stauden-Garten.
Quelle: Paul Westrich, Die Wildbienen Deutschlands, Ulmer-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 2018, ISBN 978-3-8186-0123-2