Heuchera sanguinea – Blut-Purpurglöckchen
Purpurglöckchen lassen Züchterherzen höher schlagen, da experimentieren sie, da toben sie sich aus. Ausgangspunkt war, Sorten mit immer attraktiveren und ausgefalleneren Blättern auf den grünen Markt zu bringen. Logisch, die Heuchera-Arten zählen schließlich zu den Blattschmuckstauden und sind durch die Bank immergrün. Vor allem in England bediente und bedient man sich ihrer sehr gern als rund ums Jahr präsente Einfassungspflanze.
Dieser Trend gewinnt auch bei uns mehr und mehr an Bedeutung, doch kommt uns gelegen, dass sich die züchterischen Bemühungen längst nicht mehr nur auf möglichst auffälliges Laub beschränken, sondern die Blüten (Blütenfarbe und -größe, Vielzahl der Blüten sowie Blühdauer) ebenfalls in den Fokus gerückt sind. Tja, so ist das: Ohne Blütenstände, die viel hermachen, schaffst du es als Pflanze kaum in einen deutschen Garten.
Neben all den Sorten, von denen vielfach niemand mehr so genau sagen kann, aus welchen Heuchera-Arten sie eigentlich entstanden sind, sind die Arten selbst fast in Vergessenheit geraten. Deshalb will ich mal eine Lanze brechen für diejenigen Purpurglöckchen, denen wir das reiche Angebot an Heuchera-Züchtungen überhaupt erst zu verdanken haben.
Heuchera villosa 'Autumn Bride' (Weißblütiges Purpurglöckchen) mit winterlichem Blattschaden
Ursprünglich stammen die Purpurglöckchen aus Nordamerika, ein paar zudem aus Mexiko (dort im Gebirge). An den Naturstandorten müssen sie sich in der Regel nicht – wie bei uns so häufig – mit Winterkälte ohne Schnee* herumplagen. In unseren Breiten schon, und es empfiehlt sich, das Laub der Heuchera (wenigstens an sonnigen Standorten) im Spätherbst mit vor den Blatthorsten aufgestellten Fichten- oder Tannenzweigen vor der Wintersonne zu schützen. Dann sind sie zuverlässig winterhart. Eventuelle Winterschäden verwachsen sich zudem normalerweise im Frühjahr zügig.
Heuchera 'Palace Purple' (Rotblütiges Purpurglöckchen) neben Dracocephalum ruyschiana (Nordischer Drachenkopf)
Purpurglöckchen sind so anmutige und zurückhaltende Stauden, dass sich in jedem Garten ein Plätzchen für sie finden lässt: im Steingarten, in kleinen Tuffs von zwei oder drei Pflanzen im Staudenbeet, am Gehölzrand oder in naturnahen Gartenanlagen überall. Und sie sind typische Begleitpflanzen. Eines sollte man daher besser nicht tun: Heuchera flächig verwenden!
Dass Purpurglöckchen in (Garten-)Kultur gern von den Larven des Dickmaulrüsslers heimgesucht werden, habe ich wohl gelesen, jedoch selbst noch nicht erlebt.
*Kahlfrost genannt: Scheint die Sonne, wird die Photosynthese in den Pflanzen in Gang gesetzt, das dazu in den Zellen erforderliche Wasser steht jedoch nicht zur Verfügung, weil es nach kalten Nächten gefroren ist. Die Konsequenz daraus: Die Blätter der Pflanzen verbrennen.
Ganz ohne Sorten geht es auch hier nicht, das liegt schon allein daran, dass nichts anderes im grünen Handel zu bekommen ist. Auch wenn sie sich nicht zweifelsfrei einer Art zuordnen lassen.
Wenn ich jetzt wüsste, welcher Heuchera-Art die Sorte 'Palace Purple' tatsächlich zuzuordnen ist, könnte ich einen korrekten deutschen Namen nennen. Aber so bleibt nur das etwas schwammige "Rotblättrige" (rotblättrige Purpur- oder Silberglöckchen gibt es nicht nur dieses eine). Meinen Gärtner-Kollegen geht es bei der 'Palace Purple' auch nicht besser und so verkaufen es die einen als Heuchera americana (Hohes Purpurglöckchen), bei anderen heißt es Heuchera micrantha (Silberglöckchen). Wieder andere setzen noch eins drauf und geben sogar noch eine Varietät an: Heuchera micrantha var. diversifolia. Dass einer von ihnen mit absoluter Sicherheit weiß, dass der von ihm angegebene botanische Name der richtige ist, darf bezweifelt werden.
'Palace Purple' ist das naturgemäß alles wurscht. Diese Sorte präsentiert sich mit sehr dunklen, purpur- bis rotbraunen Blättern. Ein Hingucker und toller Akzent in Themenbeeten mit grau oder silbrig belaubten Pflanzen, ein Muss in Beeten, die braunes, kupfriges und rötliches Laub in den Mittelpunkt stellen.
Das Purpurglöckchen oder Silberglöckchen 'Palace Purple' passt hervorragend als Unterpflanzung des rotbraun belaubten Zierstrauches Physocarpus opulifolius 'Diabolo', sofern man auf eine ausreichende Wasserversorgung achtet. Wuchernde Stauden wie etwa Lysimachia ciliata 'Firecracker' (Bewimperter Felberich) sind als Nachbarn jedoch mit Vorsicht zu genießen und sollten ausschließlich mit einer Wurzelsperre aus dicker Teichfolie oder einem großen Eimer mit Löchern im Boden in der Nähe der Heuchera platziert werden. So wuchsfreudig und konkurrenzstark ist die Heuchera americana nämlich nicht.
Während es keine Rolle spielt, ob der Standort sonnig, halbschattig, absonnig oder schattig liegt, ist die Nährstoffversorgung schon von Bedeutung für das Purpurglöckchen. Ebenso die Bodenbeschaffenheit, und wo keine humose, durchlässige Erde vorhanden ist, sollte der Boden vor dem Pflanzen mit je einer Schaufel Kompost (nicht zu frisch – der ist meist recht "scharf") sowie Sand aufbereitet werden. Das Pflanzloch deshalb ruhig großzügig – Breite und Tiefe – ausheben und die drei Komponenten Erde, Kompost und Sand gut gemischt ins Loch zurückfüllen. Durch das Einarbeiten von Kompost hat sich Düngen für die ersten zwei, drei Jahre schon erledigt.
Heuchera 'Palace Purple' (Rotblütiges Purpurglöckchen) mit Winterschaden
Als pflegeleichte Staude braucht 'Palace Purple' ansonsten wenig Zuwendung, vom Gießen mal abgesehen, besser einmal mehr als einmal zuwenig. Ganz Ordentliche werden vielleicht den Horst gelegentlich ausputzen und altes Laub (besonders im Frühling) entfernen. Und wer keine Selbstaussaat von Pflanzen duldet und auf Nummer sicher gehen will, der schneidet die verblühten Blütenstände vor der Samenreife ab. In sandig-humosem Boden sät sich dieses Wie-auch-immer-Glöckchen nämlich recht gut aus und die Nachkommen fallen zudem weitgehend echt, wie die Gärtner sagen (es kommen halt meist wieder 'Palace Purple' dabei raus und nicht irgendwelche anderen Formen). Letzter Punkt auf der Pflegeliste: Winterschutz aus Fichten- oder Tannenzweigen an sonnigen bis halbschattigen Standorten.
Wuchshöhe: | 45-60 cm |
Blütenfarbe: | rosaweiß |
Blütezeit: | Juli, August |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-absonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Steinanlagen |
Hinweis: | immergrün |
Das ist das echte, unverfälschte Purpurglöckchen, aus dem durch das Einkreuzen von Heuchera americana oder H. micrantha (keiner weiß es mehr so genau) all die vielen Sorten entstanden sind, die das Gartlerherz erwärmen. Heuchera sanguinea kennen viele sicher noch von früher aus alten Bauerngärten oder Omas Garten: ein schlichter Horst mit Rosettenblättern in unspektakulärem, hellem Grün, hoch oben drüber zur Blütezeit reizende, leuchtend rote Blütenglöckchen. Und sie passt auch heute noch in viele Gärten; manches überlebt sich eben nie – es gilt nur, solche Kostbarkeiten neu zu entdecken.
Seit Jahren steht bei mir ein Blut-Purpurglöckchen im Zwergenformat im Garten und zeigt, wie man es besser machen kann: nicht an einen sehr trockenen Standort pflanzen und das Gießen vergessen, nicht in schweren Lehmboden setzen, ohne ihn vorher wenigstens mit etwas Staudenerde aufzulockern und durchlässig zu machen. Aber es gibt nicht auf, dieses Purpurglöckchen, zeigt mir jedes Jahr, wie ausdauernd, langlebig und hart im Nehmen es ist.
Sofern die Grundvoraussetzungen stimmen, ist Heuchera sanguinea tatsächlich das, was man gemeinhin eine pflegeleichte Staude nennt. Sie toleriert Sonne ebenso wie Halbschatten und kann sich selbst mit einem Platz am schattigen Gehölzrand arrangieren. Ein wenig gut abgelagerter Kompost oder anderer Dünger (Überdüngung wäre kontraproduktiv) im Frühling sorgt für einen guten Start in die neue Gartensaison.
Nach einigen Jahren Standzeit am selben Fleck, kann es sein, dass das Wachstum und die Blühfreude von Heuchera sanguinea nachlassen. Dann ist der richtige Moment gekommen, die Pflanze aufzunehmen (vorsichtig mit allen Wurzeln ausgraben), den Horst zu teilen und die Teilstücke an anderen Standorten neu einzupflanzen; dabei tiefer setzen, als sie am alten Platz gestanden hat. Für den Privatgarten wird diese Art der (Zwangs-)
Wuchshöhe: | 45 cm |
Blütenfarbe: | leuchtend rot |
Blütezeit: | Juni, Juli |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-absonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: | immergrün |
"Nur" ein grünes Purpurglöckchen, das jedoch Blattschmuck mit Blütenschmuck vereint: Die unscheinbaren Einzelblüten hängen in dichten Rispen an den Blütenähren und erwecken tatsächlich den Eindruck eines "Brautschleiers" (Autumn Bride = Herbst-Braut). Interessant ist vor allem die späte Blütezeit (September/Oktober) in unseren Breiten (Mitteleuropa).
Heuchera villosa 'Autumn Bride' kommt am besten in Einzelstellung zur Geltung. Ihr Spezialgebiet: schattige Gartenplätze.
An den großen, dekorativen Blättern dieses Purpurglöckchens lässt sich ablesen, wie es um die Nährstoffversorgung am Standort bestellt ist. – Je besser Heuchera villosa mit Nährstoffen versorgt ist (die Wasserversorgung spielt dabei keine tragende Rolle), desto dunkler und intensiver grün ist ihr Laub. Weniger Stickstoff im Boden und die Blätter sind wesentlich heller grün, als lindgrün oder maigrün könnte man diese Färbung am ehesten bezeichnen.
H. 'Autumn Bride' (Weißblütiges Purpurglöckchen) in nährstoffreichem Boden
Bis zu einem gewissen Punkt lässt sich bei ihr über die Stickstoffzufuhr also das Erscheinungsbild steuern. Und natürlich gibt sie uns wertvolle Informationen über den Zustand unseres Gartenbodens. Ist er fett oder mager? Ist er möglicherweise sogar zu fett, sprich überdüngt? Bitte denken Sie, wenn Sie das Grün dieses Purpurglöckchens betrachten, aber daran, dass Farbtöne je nach Licht unterschiedlich auf die Augen wirken: heller bei Sonnenschein, dunkler bei bedecktem Himmel oder im Schatten.
Gelegentlich haben wir es selbst in unserem lehmigen Boden (aller Verbesserungsversuche zum Trotz ist und bleibt er lehmig) mit Sämlingen der Heuchera villosa 'Autumn Bride' zu tun. In besserem Substrat dürfte die Selbstaussaat jedoch zunehmen, weshalb die verblühten Blütenstände entfernt werden sollten. Das erfordert in manchen Jahren etwas Disziplin, wenn einem nämlich Ende Oktober/
Weitere Pflegemaßnahmen neben Düngen (bitte stets mit Augenmaß und angepasst an den Zustand des Bodens) sowie dem Rückschnitt von Verblühtem: Gießen – je sonniger der Standort, desto regelmäßiger (tiefgründig wässern), Entfernen von altem Laub aus den Horsten wegen der Optik und das Aufstellen von Fichten- oder Tannenzweigen vor der immergrünen Staude als Sonnenschutz im Winter, sofern sie keinen schattigen Pflanzplatz ergattert hat.
Wuchshöhe: | 70-98 cm |
Blütenfarbe: | weiß |
Blütezeit: | September, Oktober |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-schattig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Steinanlagen; Schattengärten |
Hinweis: | immergrün; Blätter behaart |