Unter den ersten Frühjahrsboten, die nach den grau-braunen Wintermonaten zuverlässig Farbe in die Gärten bringen, sind Waldsteinien. Noch zwei Gründe, sie zu pflanzen: Sie sind frühe Futterquellen für Insekten und – genauso erfreulich – Schnecken finden wenig Gefallen an ihnen.
Waldsteinia geoides – Nelkenwurzähnliche Waldsteinie
Waldsteinia-Arten sind zudem in manchen Fällen die letzte Rettung, dann nämlich, wenn der Garten außer halbschattigen bis schattigen und absonnigen Standorten rein gar nichts zu bieten hat. Solche Lagen gehen häufig mit trockenen Böden einher (z. B. weil sie von Gehölzen durchwurzelt sind), doch all das ist für Waldsteinien kein Grund, nicht zu wachsen. Sie sind so robust und genügsam, dass sie dennoch gedeihen und blühen.
Als Faustregel für das Pflanzen von Waldsteinien gilt daher: Je schattiger der Standort, desto trockener darf er sein, je sonnenbeschienener der Pflanzplatz, desto mehr Wasser benötigen die Pflanzen. Ganz ohne Gießen wird es bei Waldsteinia allerdings in den seltensten Fällen gehen, zumal wenn der Garten in einem der neuen "Trockengebiete" liegt, die sich 2018 und 2019 herauskristallisiert haben. Mehr Pflegearbeit ist jedoch an diesen Stauden nicht nötig: kein Rückschnitt, kein Winterschutz. Lediglich über eine maßvolle Düngergabe kann man nachdenken, falls sie in sehr nährstoffarmem Substrat wachsen sollen.
Waldsteinia ternata – Dreiblättrige Waldsteinie, Golderdbeere
Die Vermehrung erfolgt bei den Waldsteinia-Arten in der Regel mittels Teilung. Aussaat ist ebenfalls möglich, doch im Privatgarten ist Teilen sicherlich ergiebig genug. Den Aufwand mit Säen, Pikieren, Topfen etc. wird sich kaum jemand antun, wenn er nur ein paar neue Pflanzen braucht.
Die Gattung Waldsteinia ist eng mit der Gattung Geum (Nelkenwurz) verwandt, entsprechend ähnlich sehen sich manche Vertreter dieser beiden Gattungen. Mich erinnert besonders das Laub von Waldsteinia ternata allerdings eher an Petersilienblätter, obwohl sie nichts miteinander zu tun haben.
Auch ohne Ausläufer zu bilden, sind einige Stauden als Bodendecker geeignet. Waldsteinia geoides ist eine von ihnen, bei ihr entsteht die bodendeckende Wirkung ausschließlich über die Pflanzdichte, denn ihr Rhizom (verdickter Spross, bei Waldsteinia direkt unter der Erdoberfläche liegend und mit geringem jährlichem Längenzuwachs) dient nur dazu, stattliche Horste zu bilden, nicht aber zur starken kriechenden Ausbreitung. Etwa ein Dutzend Pflanzen benötigen Sie deshalb wenigstens für einen Quadratmeter, damit diese Waldsteinie nach Bodendecker aussieht.
Waldsteinia geoides (Nelkenwurzähnliche Waldsteinie) – Trockenheitsschaden
Ich persönlich bevorzuge diesen horstigen Typ für kleinere Gärten, denn Ausläufer im Griff zu behalten, ist stets problematisch und mühsam. Zur Grabbepflanzung würde ich die häufig empfohlene Waldsteinia ternata ebenfalls mit der Waldsteinia geoides ersetzen. Das könnte manchen Ärger sparen, und wer will den schon auf dem Friedhof? Einziger Nachteil: Waldsteinia geoides verträgt es nicht ganz so sommertrocken wie Waldsteinia ternata.
Für eine dauerhafte, winterharte, gefällige und pflegeleichte Grabbepflanzung bieten sich als Nachbarn für die Nelkenwurzähnliche Waldsteinie Stauden an, die es ebenfalls recht trocken vertragen und die pflegeleicht sind: Sedum telephium (Purpur-Fetthenne), Sedum kamtschaticum 'Variegatum' (Kamtschatka-Fetthenne), Festuca-glauca-Sorten (Blau-Schwingel), Aruncus aethusifolius (Zwerg-Geißbart), Veronica liwanensis (Zwerg-Polster-Ehrenpreis, Kissen-Veronica) oder Heuchera-Arten und ‑Sorten (Purpurglöckchen, Silberglöckchen – sofern das Grab nicht in der vollen Sonne liegt und der Boden nicht allzu trocken wird).
Arbeiten wie Teilen und Verpflanzen – oder beides gleichzeitig – erledigen Sie am besten gleich nach der Blüte, also im späten Frühjahr bzw. im Frühsommer. Zum Vermehren können auch bloß die kurzen Seitentriebe mit Rhizom abgenommen werden und der große Horst der Pflanze bleibt unangetastet. Was noch recht klein ist, sollten Sie zunächst ein paar Wochen in Töpfen aufpäppeln.
Selbstaussaat ist von Waldsteinia geoides nicht zu befürchten. Wer sie auf diesem Weg vermehren will, muss schon selbst Hand anlegen, Samen abnehmen oder kaufen und aussäen.
Immergrün, wie vielfach angegeben, ist Waldsteinia geoides bei mir im Garten übrigens nicht. Sie bleibt zwar häufig bis in den frühen Winter grün, doch irgendwann ist ihr Laub weg. Immergrün sieht anders aus!
Wuchshöhe: | 10-15 cm |
Blütenfarbe: | gelb |
Blütezeit: | April, Mai, Juni |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-schattig, absonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Grabstätten |
Hinweis: | bedingt immergrün |
Dreiblättrige Waldsteinie, ja wie klingt denn das? Das klingt ja wie … wie dreilagiges Toilettenpapier! Nee, das geht gar nicht. Nennen wir die Waldsteinia ternata doch vielleicht Golderdbeere, das ist ansprechend!
So oder so ähnlich könnte ein Gespräch unter Staudengärtnern verlaufen sein, die sich übers Marketing für die Dreiblättrige Waldsteinie ihre Gedanken gemacht haben. Und das Resultat? – Es hat funktioniert, der deutsche Name Golderdbeere wurde von der Kundschaft gern angenommen und hat sich etabliert. Erdbeer-Waldsteinie habe ich auch schon gelesen.
Wie auch immer sie im Deutschen heißen mag, Waldsteinia ternata gilt zu Recht als ausgezeichneter Bodendecker für spezielle Fälle: Sie gedeiht dank ihrer Trockenheitsverträglichkeit (Sommertrockenheit) noch unter Gehölzen, solange der Boden humos und nährstoffreich genug ist. Sommertrockene Plätze sind allerdings nur in Verbindung mit den Lichtverhältnissen absonnig bis schattig zu empfehlen. Solche Standorte bringen den Vorteil mit sich, dass die Wanderlust dieser Waldsteinie etwas gebremst wird.
Denn ansonsten macht die Dreiblättrige Waldsteinie mit ihren Ausläufern (Rhizom mit beachtlichem jährlichem Längenzuwachs) ziemlich rigoros selbst größere Flächen dicht. Für kleinere Gärten rate ich deshalb zu ihrer horstig wachsenden Verwandtschaft, der Waldsteinia geoides.
Waldsteinia ternata ist zuverlässig immergrün (im Gegensatz zu Waldsteinia geoides bei mir). Die wichtigste Pflegearbeit verlagert sich bei ihr deshalb in den Herbst, was das Drandenken etwas erschwert: Herabgefallene Blätter von umstehenden Bäumen und Sträuchern sollten zeitnah von ihrem Laub entfernt werden (bei größeren Beständen dafür ruhig einen Rechen verwenden, aber nicht allzu grob arbeiten), damit die Golderdbeere Licht und Luft bekommt. Bei Immergrünen macht die Photosynthese schließlich keine Winterpause. Winterschutz wegen unserer Kahlfröste (Frost ohne schützende Schneedecke) halte ich für überflüssig, wenn Waldsteinia ternata halbschattig bis schattig oder absonnig steht.
Bodendecker Waldsteinia ternata (Golderdbeere)
Dank ihrer Ausläufer (die Unterscheidung zwischen Ausläufern und Rhizom wird in der Botanik nicht einheitlich gehandhabt) lässt sich die Teppich-Golderdbeere recht simpel vermehren: Bewurzelte Ausläufer abstechen, fertig. Größere Brocken dürfen anschließend gleich am neuen Standort eingepflanzt werden, schwächere Ableger sollten Sie zunächst in Töpfchen kultivieren und zu Kräften kommen lassen. Sie benötigen mehr Pflanzen als das Teilen hergibt? Dann nehmen Sie Stecklinge von Trieben, die noch keine Wurzeln gebildet haben (Kopf- und Teilstecklinge). Mit dem regelmäßigen Abnehmen solcher anfangs noch unbewurzelten Triebe (später bilden sie Wurzeln, wenn sie auf dem Boden aufliegen) lässt sich übrigens das Breitenwachstum dieses Bodendeckers gut begrenzen. Es erfordert allerdings schon viel Aufmerksamkeit, das regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls einzuschreiten. Und letztlich ist das ja auch nicht Sinn der Sache (eines Bodendeckers).
Mit Selbstaussaat ist bei Waldsteinia ternata nicht zu rechnen. Trotzdem ist sie in Deutschland ein in Einbürgerung befindlicher Neophyt. Es müssen deshalb ihre Ausläufer den Weg in die Natur gefunden haben, am ehesten wohl von Friedhöfen aus, denn die Teppich-Waldsteinie wird regelmäßig wärmstens als Bodendecker zur Grabbepflanzung empfohlen. Mein Tipp: Verwenden Sie zur Grabbepflanzung die ohne Ausläufer wachsende Nelkenwurzähnliche Waldsteinie (Waldsteinia geoides); enger gepflanzt bildet sie ebenfalls einen attraktiven, dichten Teppich, und das ist doch das Ziel.
Um große, schöne Bestände bilden zu können, muss die Dreiblättrige Golderdbeere ungestört wachsen können. Ein Standort in der Nähe von Pflanzen, die noch stärker als sie selbst Ausläufer treiben und wuchern und deshalb rasch in den Waldsteinien-Teppich wandern, taugt deshalb nichts. Solche Pflanznachbarn müssen immer wieder und oft tief ausgegraben und zurückgedrängt werden, und die Waldsteinie wird durch solche Eingriffe so nachhaltig gestört, dass sie nie richtig Fuß fassen kann. Das gilt auch, wenn Waldsteinia ternata an Heckenrändern angesiedelt werden soll. Zu stark Ausläufer treibenden Gehölzen wie Rosa pimpinellifolia (Bibernell-Rose) oder Prunus spinosa (Schlehe) gesellt man sie besser nicht. Achten Sie zudem darauf, dass Wurzelunkräuter (dazu zählen auch Pflanzen mit wucherndem Rhizom) wie Quecken vor dem Pflanzen von Waldsteinia ternata vollständig entfernt werden – es darf nicht das kleinste Wurzelstückchen im Boden zurückbleiben, weil es wieder austreiben könnte. Bei mir im Garten ist mal ein Kriechendes Fingerkraut (Potentilla reptans) in eine Waldsteinia-ternata-Pflanzung "eingedrungen". Da blieb mir leider nur, alles komplett auszugraben und die Golderdbeere anderswo neu zu pflanzen, denn Potentilla reptans sät sich zu allem Überfluss auch noch aus.
Die botanische Namensgebung sowie die in den Gärtnereien und in der Fachliteratur kreisenden Sortennamen von Waldsteinia ternata verdienen abschließend noch ein paar Worte. Manchmal habe ich nämlich das Gefühl, ich bin in Kurtis Kuriositätenkabinett, wenn ich mir das bei einer Pflanze genauer ansehe: Die als Waldsteinia ternata im Handel befindlichen Pflanzen sind meines Wissens alle über Teilung respektive Stecklinge vermehrt worden. Das bedeutet, dass alle kultivierten Pflanzen dieser Art dieselben Merkmale und Eigenschaften haben (mit geringen Abweichungen). Trotzdem kursieren diese Pflanzen nicht selten mit dem Sortennamen 'Kronstadt'. Dieser Sortenname ist so überflüssig (weil 'Kronstadt' nun mal keine Sorte ist) wie unerwünscht nach dem Internationalen Code der Nomenklatur der Kulturpflanzen. Aber wenn es darum geht, den eigenen Namen veröffentlicht zu sehen, sind gerade Wissenschaftler nicht mehr zu halten und solche Vereinbarungen werden in die Tonne getreten. Dann geht es statt um Wissenschaft nur noch um Selbstdarstellung. Das ist nicht zuletzt einer der Gründe, weshalb manchmal ein und dieselbe Pflanze unter verschiedenen botanischen Namen im Umlauf ist. – Steht doch in botanischen Veröffentlichungen hinter jeder Pflanze der Name des Benenners.
Wuchshöhe: | 8-15 cm |
Blütenfarbe: | gelb |
Blütezeit: | April, Mai, Juni |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-schattig, absonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Grabstätten |
Hinweis: | immergrün |