Helleborus – Christrose, Schneerose, Nieswurz
Diese Rosen gelten wie keine andere Staudenart als Propheten des Frühlings: Wenn die Christrosen bzw. Schneerosen im Garten blühen, ist das Frühjahr nicht mehr weit, selbst wenn ihre Blüten manchmal noch Schnee und Eis tragen müssen. Und wenn wärmende Sonnenstrahlen auf die Christrosen-Blüten treffen, finden verwegene Schwebfliegen, Hummel-Königinnen und andere mutige Insekten, die kurzzeitig ihr schützendes Winterquartier verlassen, stärkende Nahrung. Was den Blütenstand der Helleborus-Arten auffällig wirken lässt, sind nicht etwa Blütenblätter. Es sind vielmehr weiß, gelblich, grünlich oder purpur gefärbte Hüllblätter, die uns ins Auge fallen. Die Blütenblätter selbst wurden – sehr zur Freude der Insekten – zu Honigblättern umgewandelt, die das "Innenleben" der Blüten noch fülliger wirken lassen.
Helleborus niger (Christrose) 'Christmas Carol'
Weil die Christrosen, Lenzrosen, Schneerosen und wie sie sonst noch heißen also keine Blütenblätter haben, fällt nach der Blüte auch nichts ab. Die Hüllblätter verfärben sich lediglich (vielfach gelbgrün, das ist jedoch je nach Art bzw. Sorte verschieden) oder verblassen und bleiben sehr lange erhalten. Frische Blüten und verblühte, jedoch nach wie vor dekorative, stehen demzufolge an den Helleborus-Pflanzen nebeneinander und erwecken den Eindruck einer ganz besonders opulenten Blüte.
Helleborus argutifolius (Korsische Lenzrose) mit Raureif
Mit ihren großen, lederartigen Blättern zählen die Nieswurz-Arten zu den Blattschmuckstauden, die rund ums Jahr und auch ohne Blüten eine wichtige Aufgabe als Mittler zwischen Blütenstauden erfüllen. Sie brauchen kalkhaltige Böden, die meisten lieben halbschattige bis schattige und trockene Pflanzplätze. Damit sind sie ideal für die Problemzone "Gehölzunterpflanzung".
Noch ein Hinweis: Helleborus (alle Arten) ist in allen Teilen giftig! Gleichwohl finden in der Adventszeit Schneerosen millionenfach in kleinen Töpfchen oder Gestecken den Weg zu uns nach Hause, weil sie so schlicht wie magisch Weihnachtszauber verbreiten. Dabei sind viele Menschen ach so kritisch und rümpfen die Nase, wenn es um giftige Pflanzen im Garten geht. Naja, man muss nicht alles verstehen, und es lassen sich ja auch traumhafte Arrangements mit den anmutigen Christrosen gestalten.
Christrose: Nach Weihnachten im Garten "ausgewildert"
Mit der richtigen Pflege halten Christrosen im Topf etwa drei Wochen in der Wohnung; das hängt etwas von der Qualität ab. Geben Sie den Pflanzen in der Wohnung einen hellen, aber kühlen Platz (höchstens kurzzeitig also in geheizte Wohnräume stellen) und denken Sie daran, den Topfballen hin und wieder zu gießen (nie ganz austrocknen lassen). Und wenn sie verblüht sind? Zum Wegwerfen sind sie zu schade! Weil sie völlig winterhart sind, lohnt es sich unbedingt, sie in den Garten zu pflanzen. Am passenden Standort werden diese Schneerosen noch lange Jahre Freude schenken (selbst falls nicht bekannt ist, um welche Art/
Christrose: erst Adventsschmuck, jetzt Gartenschmuck
Bevor die Topfpflanze ins Freie umziehen darf, muss sie allerdings erst abgehärtet werden: An einem frostfreien Tag stellen Sie sie im Freien an einen geschützten Platz ohne direkte Sonneneinstrahlung. Das kann im Garten sein, aber auch auf der Terrasse oder dem Balkon. Stehen Nachtfröste bevor, schützen Sie den Topf und die Pflanze abends mit Vlies oder Kartons. (Auf keinen Fall nachts wieder ins Haus/
Hat es tagsüber Frost, wenn der Christrosen-Topf eigentlich raus sollte, lassen Sie die Pflanze besser im Haus stehen, selbst falls sie nicht mehr so chic aussieht: hell und kühl aufstellen; je kühler, desto besser, eventuell am Kellerfenster? Den Topf nicht austrocknen lassen und nicht zu nass halten.
Randnotiz: Früher nannte sich die Gattung Heleborus (mit einem "l"), auf Deutsch Nießwurz (mit scharfem "s").
Helleborus argutifolius (Korsische Lenzrose) mit Winterschaden
Ein ganz besonders Schöner unter den Nieswurz-Arten ist Helleborus argutifolius. Er blüht im März/
Nach der Blüte dürfen Sie getrost zur Schere greifen, denn dann sterben die alten Triebe ohnehin ab, und mit einem rechtzeitigen Rückschnitt verhindern Sie, dass sich der Helleborus argutifolius aussät (was er nur zu gern tut). Die Pflanze treibt dann neu durch und ihre großen, glänzenden Blätter sind das ganze Jahr über der ruhende Pol jeder (Halbschatten-)
Helleborus argutifolius (Korsische Lenzrose) – Samenstand
Helleborus argutifolius kommt endemisch auf Korsika und Sardinien vor (endemisch heißt: nur dort) und das lässt eigentlich an seiner Winterhärte zweifeln. Diese Sorge ist unbegründet: Er ist absolut winterhart bei uns, nicht nur in klimatisch milden Lagen. Seine Blüten sind für Insekten eine willkommene frühe Nahrungsquelle, bei mir im Garten sogar für Wildbienen: Die Zweifarbige Sandbiene (Andrena bicolor) sammelt seinen Pollen als Proviant für die Larven in den Nestern. Andrena bicolor gehört zu denjenigen Sandbienen, die mit zwei Generationen pro Jahr unterwegs sind. Die erste fliegt bereits ab Anfang April, da darf man nicht so wählerisch sein, was die Pollenquellen anbelangt. Neben Pollen von Lenzrosen sammelt die 1. Generation Weibchen der Zweifarbigen Sandbiene (nur die Weibchen sammeln Pollen für den Nachwuchs) unter anderem noch Pollen von Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) und Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris). – Zusammen mit der Korsischen Lenzrose ein farbenfroher Blütenreigen, der die Gartensaison fulminant eröffnet.
Andrena bicolor (Weibchen 1. Generation) auf Helleborus argutifolius (Korsische Lenzrose)
Ein paar Details zur erfreulicherweise noch häufigen Zweifarbigen Sandbiene (allgemeine Informationen zu Wildbienen erhalten Sie in meinem Artikel Wildbienen im Stauden-Garten):
Helleborus argutifolius (Korsische Lenzrose) – Sämlinge
Falls Sie die Korsische Lenzrose vermehren möchten, erfreuen Sie sich am besten lange an ihren dekorativen Fruchtständen und lassen die Samen ausreifen. Doch bevor sie dann den Samen ernten und aussäen (Kaltkeimer!), überlassen Sie die Aussaat lieber Ihrer Nieswurz und der Natur. Ein paar kleine Sämlinge auszugraben und anderswo einzupflanzen, geht schneller und kostet weniger Nerven, als die selbst aufzupäppeln. Nach den Sämlingen sollten Sie im ganzen Garten suchen, nicht nur rund um die Mutterpflanze, denn Nieswurz-Samen weisen eine Besonderheit auf: An ihnen pappt ein sogenanntes Elaiosom, das Ameisen gern mögen. Die Tierchen schleppen die Samen nebst Anhang in ihre Nester, vernaschen oder verfüttern das Anhängsel und werfen die Samen raus. Auf diese Weise können Nieswurz-Samen ganz schön rumkommen.
Eine andere Möglichkeit der Vermehrung von Helleborus argutifolius als Aussaat ist mir nicht bekannt. Die Sämlinge brauchen übrigens 2‑4 Jahre, bis sie das erste Mal blühen.
Wuchshöhe: | 30-60 cm |
Blütenfarbe: | gelblichgrün |
Blütezeit: | März, April |
Lichtverhältnisse: | sonnig-halbschattig |
Bodenverhältnisse: | trocken |
Verwendung: | |
Hinweis: | kalkhaltiger Boden; immergrün |
Dass sie sich jedem Boden an einem Standort in der Sonne oder im Halbschatten anpasst, wird der Stinkenden Nieswurz nachgesagt. Das mag der Fall sein, wenn sie sich am Pflanzplatz erst mal richtig eingelebt hat, doch bis es so weit ist, kann sie durchaus rumzicken. Ich habe den Verdacht, dass es mit der Erde (und der Feuchtigkeit) in den Pflanztöpfen der Produktionsbetriebe und Gärtnereien zu tun hat, die für diese Nieswurz einfach zu gut und zu "fett" ist. Kommt sie dann raus in trockenen, mageren Boden – wie am Naturstandort – braucht sie erst einmal längere Zeit (durchaus auch zwei, drei Jahre), um sich zu akklimatisieren und umzustellen.
Das ist ein guter Grund, Helleborus foetidus durch Aussaat an Ort und Stelle anzusiedeln (Aussaat ist zudem die empfehlenswerteste Vermehrungsmethode für ihn). Sehr frisches Saatgut verspricht gute Keimerfolge, Geduld braucht man trotzdem, weil Helleborus-Samen zum Keimen eine Kälteperiode benötigen, im Garten also frühestens im Jahr nach der Aussaat keimen, und die jungen Pflanzen erst nach zwei bis vier Jahren das erste Mal blühen. Als einzige Nieswurz kreuzt sich Helleborus foetidus nicht mit anderen Arten; bei ihm können Sie deshalb immer sicher sein, dass tatsächlich eine Stinkende Nieswurz aus den Samen wächst und keine Hybride. (Dass im Samentütchen nicht der Samen einer anderen Art enthalten ist, setzen wir jetzt mal voraus.)
Die unauffälligen grüngelben Einzelblüten mit dem roten Rändchen (haben nicht alle, aber viele) entfalten ihre Wirkung erst in Summe. Und wie faszinierend die "hängenden Knubbel", die sich erst richtig öffnen, wenn schon der Samen ausgebildet wird, tatsächlich sind, sieht man nur ganz aus der Nähe. Nach der Blüte sterben die alten Triebe ab und die Pflanzen treiben frisch aus. Der junge Austrieb ist beliebt bei Schnecken und Mäusen. Behalten Sie das frische Grün daher vorsorglich im Auge, um notfalls eingreifen zu können (Tipps gegen Schnecken und Mäuse finden Sie auf meiner Seite Tierischer Ärger unter Ärger im Garten).
Was die Pflege angelangt, so bleibt neben der Schädlingskontrolle im Frühling nur der Rückschnitt von Verblühtem (Gießen ist bei etablierten Beständen nicht erforderlich, Düngen fällt ganz flach). Der sollte dort, wo keine Selbstaussaat erwünscht ist, vor der Samenreife erfolgen und erst nach der Samenreife an Plätzen, die Helleborus foetidus mit Sämlingen noch vereinnahmen soll.
Helleborus foetidus (Stinkende Nieswurz) – junge Pflanze mit Frostschaden
Auch wenn die Stinkende Nieswurz in unseren Breiten in der Regel winterhart ist, heißt das nicht, dass die Pflanzen im Winter keine Schäden davortragen können: Kahlfröste mit anschließendem Sonnenschein verursachen nicht selten Verbrennungen an den immergrünen Blättern und – leider – an den Blütenständen, die sich ab dem späten Herbst entwickeln. Für Jungpflanzen im ersten oder zweiten Standjahr kann das besonders schnell das "Aus" bedeuten. Ein paar locker um die Pflanzen gestellte bzw. gesteckte Fichtenzweige sind daher an sonnenexponierten Standorten im Winter nicht verkehrt.
Stinkt die Stinkende Nieswurz? Jein. Die Blätter können unangenehm riechen, müssen aber nicht. Die Blüten jedenfalls stinken nicht, sie können sogar duften. Irgendwas muss ja die Wildbienen anlocken, die den Pollen von Helleborus foetidus als Nahrungsvorrat in den Nestern deponieren. Neben Hummel-Arten (Gattung Bombus) ist das vor allem die Zweifarbige Sandbiene (Andrena bicolor), deren Weibchen seinen Pollen sammeln und eintragen. (Mehr Informationen zu dieser Sandbiene unter Helleborus argutifolius weiter oben.)
Die einheimische Stinkende Nieswurz kommt insgesamt gesehen noch so häufig in Deutschlands Natur vor (speziell im Westen und Südwesten), dass sie als ungefährdet gilt. Wohl vorsorglich ist sie aber nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Ist auch besser so, denn in Thüringen und im Saarland sind die Bestände bereits gefährdet (Stand Januar 2024).
Wuchshöhe: | 40-80 cm |
Blütenfarbe: | gelblichgrün |
Blütezeit: | Februar, März, April |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-schattig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: | kalkhaltiger Boden; immergrün |
Die Christrose kreuzt sich gern mit anderen Nieswurz-Arten (außer mit Helleborus foetidus, der sich mit keiner anderen Art kreuzt). Wer mehrere Arten/
Helleborus niger ist ideal für Pflanzungen, die weitgehend sich selbst überlassen bleiben, denn Pflege im klassischen Sinn benötigt er so gut wie nicht. Wie keine andere Helleborus-Art, braucht die Schwarze Nieswurz allerdings kalkhaltigen Boden und zudem Magnesium als Wachstumsförderer, das sollte man bei der Vorbereitung des Pflanzplatzes beachten. Standortwünsche: humoser, durchlässiger, frischer Boden, gern im Schatten. Nach dem Pflanzen (und ein paar Wochen lang noch Gießen), ist der Punkt Pflege jedoch abgehakt. Kein Wunder, dass Christrosen früher in keinem Bauerngarten und ländlichen Garten fehlen durften!
Helleborus niger (Christrose, Schneerose, Schwarze Nieswurz) – Fruchtstand
Die aufgeblähten, grünlichen Fruchtstände der Christrosen sind lange Wochen ein aparter Schmuck. Es ist deshalb fast schon eine Gewissensfrage, ob man die Nieswurz dieses Fruchtschmucks berauben sollte, doch wer ungezügelte Selbstaussaat in Verbindung mit erfolgreicher Keimung vermeiden möchte, sollte zur Schere greifen. Falls Sie den Rückschnitt von Verblühtem mal vergessen sollten: Kleine Sämlinge können noch leicht ausgegraben und verpflanzt werden, am besten im Herbst oder im Frühjahr.
Damit der Garten also nicht mit Sämlingen überschwemmt wird, ist es bei der Schwarzen Nieswurz vorteilhaft, zur Vermehrung die Aussaat selbst in die Hand zu nehmen: Die Samen gleich nach der Samenreife in kleine Kistchen oder Töpfe säen und an einem Platz im Garten ohne direkte Sonneneinstrahlung aufstellen (am besten in kalkhaltiger Erde versenken); nicht austrocknen lassen, nicht zu feucht halten. Dort stehen sie dann meist ein Jahr, bis sich die ersten Keimlinge zeigen, denn die Samen brauchen Kälteeinwirkung, ehe sie keimen. Mit einem mehrwöchigen Kühlschrankaufenthalt lässt sich dieser Prozess erheblich verkürzen (Aussaatanleitung für Kaltkeimer).
Helleborus niger (Christrose, Schneerose, Schwarze Nieswurz) – Wurzelballen während der Vegetationsphase
Helleborus niger mittels Teilung zu vermehren (gleich nach der Blüte), ist zwar machbar, aber wenig Erfolg versprechend, weil die dichten und langen Wurzeln recht empfindlich sind und leicht faulen. Verletzte Wurzeln deshalb vorsorglich mit Holzkohlepulver bestäuben. Verpflanzen ist aus den genannten Gründen ebenfalls wenig ratsam. Auf jeden Fall sollte es nur in der Vegetationsphase (Herbst bis Frühjahr) versucht werden und selbst dann ist es Glücksache. Genau das ist auch der Grund, warum es so wenige Sorten von der Schwarzen Nieswurz gibt: Sie lassen sich nur mühsam und unergiebig vermehren. Am meisten Mühe macht man sich noch mit den Helleborus-Niger-Sorten, die in der Vorweihnachtszeit bereits blühend im Topf verkauft werden.
Helleborus niger – Christrose, Schneerose, Schwarze Nieswurz
Unter dem Blätterwald von alteingesessenen Christrosen hat Unkraut wenig Chancen. Ihr dichtes Wurzelgeflecht wirkt zudem wie eine Barriere, die andere Pflanzen nur schwerlich überwinden können. Als "Stopper" für Ausläufer treibende Pflanzen kann man Helleborus niger also gut einsetzen. Pflanzpartner braucht man für ihn meines Erachtens nicht gezielt auszusuchen, denn das kühle Weiß der Schneerosen-Blüten vom Spätwinter bis zum frühen Frühjahr steht für sich allein (im Verblühen werden die Blütenblätter zuerst crèmefarben, anschließend rötlich und schließlich grünlich). Wem das doch ein bisschen zu einfach ist: Schön wirken Schneeglöckchen-Tuffs (Galanthus), Winterlinge (Eranthis hyemalis) und später dann das Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) dazu.
Wuchshöhe: | 20-30 cm |
Blütenfarbe: | weiß |
Blütezeit: | (Januar), Februar, März |
Lichtverhältnisse: | halbschattig-schattig |
Bodenverhältnisse: | frisch-mäßig trocken |
Verwendung: | |
Hinweis: | immergrün, braucht mehr Kalk als andere Helleborus-Arten |
Wildbienen-Literatur: